inHard: Kannst du unseren Lesern zu
Anfang bitte etwas ĂŒber eure bisherige Bandgeschichte erzĂ€hlen, die 1997 begonnen hat?
Clemens: Die Geschichte unserer Band ist schnell erzÀhlt: Ein paar Leute treffen sich eines Abends im Lokal ihres Vertrauens
und trÀumen davon, tolle Songs zu schreiben, Platten zu machen und die Welt zu bereisen. Zudem setzen sich die jungen Herr-(und Dam-)schaften auch noch ein weiteres Ziel: Nach spÀtestens 3 Jahren
wollen sie auf dem âBizarre Festivalâ gespielt haben. Ein Jahr spĂ€ter finden sich nĂ€mliche Konspiranten um 16.30 Uhr nachmittags auf eben diesem in Köln
wieder. Erste CD âSHEâ und ausgiebiges Touren folgen. Dem einen oder anderen GrĂŒndungsmitglied ist das zu stressig, und so kommen andere Gleichgesinnte hinzu,
wollen auf sĂ€mtlichen BĂŒhnen, die sich anbieten, rocken und stoĂen sich auch nicht daran, auf diversen Sofas in allen möglichen Backstage-Gelagen abzuhĂ€ngen und dort
die NĂ€chte zu verbringen. Diverse BeitrĂ€ge auf Compilations folgen, Videos werden gedreht..., weitere Touren..., durch halb Europa und dann ĂŒber den groĂen Teich. Man
kehrt zurĂŒck in die Heimat und ist nahezu in Vergessenheit geraten. Verlag (Skyland Songs) tritt an Facelift heran und bietet an, die nĂ€chsten beiden Alben zu finanzieren.
âPicturesâ wird aufgenommen, ein Label (Pate records) wird gefunden, um die CD zu veröffentlichen...
inHard: Welche klangliche bzw. stilistische Entwicklung hat Facelift in den vergangenen Jahren durchgemacht?
Clemens: Nun, zu Beginn stand da das deftige, fette Gitarrenriff im Vordergrund. Die
Musik war irgendwo zwischen Hard-Core, Punk, Grunge und Metal einzuordnen. Von heute aus betrachtet haben wir, Jahre bevor es diese Bands ĂŒberhaupt gab bzw. sie
bekannt wurden, einen Sound zwischen Lambretta und Co. gemacht. Kapiert haben damals die wenigsten, was wir da spielen. Uns selbst wurden die Songs dann
irgendwann mal zu eintönig. Wie jede/r MusikerIn wollten auch wir nicht auf einem Level stehenbleiben und stagnieren. So haben wir damit begonnen, mehr Wert auf feine
Zwischentöne zu legen und dem brachialen Sound melodische KlĂ€nge einzuflöĂen.
inHard: Wie lange habt ihr an den Songs zu "Pictures" gearbeitet? Was kannst
du mir ĂŒber die eigentlichen Studioaufnahmen berichten?
Clemens: Insgesamt haben wir 2 Jahre lang an diesem Album gearbeitet, welches auch
nicht in ein und demselben Studio entstanden ist. Einige Songs haben wir in Graz aufgenommen, einige in Dortmund, einige in Wien. Die ganze Produktion war sehr
aufreibend und hat uns sehr, sehr viel Kraft gekostet. Zwischendurch gab es wilde Schreiduelle, einen Produzenten, der die Nerven verlor und bei Nacht und Nebel das
Weite suchte, gepaart mit Versöhnung, Euphorie und musikalischen LiebeserklÀrungen. So ganz nebenbei befanden wir uns damals auch noch mitten in einem Rechtsstreit mit
einem ehemaligen Mitmusiker und mussten uns mit dĂ€mlichen Gerichtsterminen herumschlagen. AuĂerdem verzögerte sich die Veröffentlichung der CD mehrmals. Fazit
jedoch blieb: Letztendlich haben wir auf allen Ebenen gewonnen, waren dann zwar unendlich mĂŒde, aber auch unheimlich stolz auf uns!
inHard: Ihr bezeichnet euren Sound als "Hard-Pop", was den Charme von
"Pictures" allerdings nur teilweise trifft. Die einzelnen Tracks entwickeln durch die facettenreiche Stimme von SĂ€ngerin Andrea Orso und dem wechselnden
Basissound (fette Gitarrenriffs, akustische Schlenker, poppige KlÀnge) jeweils ein ganz unterschiedliches Klangaroma, was den Hördurchlauf sehr spannend
hĂ€lt. Woher rĂŒhrt eure VariabilitĂ€t bzw. eure musikalische Unberechenbarkeit?
Clemens: Die Vielfalt war von Anfang an da. Das war, ist und wird hoffentlich auch
immer ein Markenzeichen von Facelift sein. Wir wollten nie Platten machen, auf denen man im Prinzip 12mal denselben Song hört. Es wĂŒrde die Sache natĂŒrlich um einiges
leichter machen, so quasi unter dem Motto: âGefĂ€llt dir ein Song, magst du alle!â Facelift ist jedoch eine Band, die sich aus verschiedensten Persönlichkeiten mit ziemlich
unterschiedlichen musikalischen Vorlieben formierte. Jeder Facelift-Song erzÀhlt eine Geschichte, und nicht jede Geschichte gleicht der anderen. Das Leben wÀre ja
schrecklich langweilig, wĂŒrde ein und dasselbe Kapitel wieder und wieder abgespielt. Wir ergĂ€nzen einander musikalisch, und somit ergĂ€nzen auch die Songs einander auf
dem Album. Der Titel âPicturesâ wurde schlieĂlich nicht zufĂ€llig gewĂ€hlt. Jeder Titel ist eine individuelle Momentaufnahme aus verschiedenen Bereichen und Abschnitten
unseres Lebens und Schaffens. Ein Bild steht neben dem anderen und ist dennoch Teil des Zyklus. Das ist so passiert, und es bleibt auch ein Anliegen von uns, vielschichtig zu
arbeiten. Man kann jedoch nicht wirklich sagen, dass wir alles genau so durchplanen. Es lÀsst sich auch gar nicht planen. Wie gesagt, es passiert.
inHard: Ist bei Facelift Andrea fĂŒr die textliche und du fĂŒr die musikalische Seite zustĂ€ndig oder wie entstehen eure Songs?
Clemens: Was die Texte angeht, so ist zum gröĂten Teil Andrea dafĂŒr verantwortlich.
Ein paar Lyrics kommen noch von mir. Die Musik schreiben ĂŒberwiegend Andrea und ich. Helge (Gitarre, Violine) hat auch was beigesteuert. Auf unserem nĂ€chsten Album
sind auch Songs von Norbert (Schlagzeug) und Andreas drauf.
inHard: Habt ihr spezielle Lieblingssongs auf dem Album?
Clemens: âGone with meâ, âSushy shadesâ und âCactus Abyssâ.
inHard: Welche AktivitÀten stehen mit Facelift demnÀchst an (Tour o.À.)?
Clemens: Zur Zeit haben wir gerade die Produktionen zu unseren Videos (âGroovy
Soundââ und âMĂ€rzâ) abgeschlossen. Zudem touren wir gerade durch Ăsterreich, Slowenien und Ungarn. FĂŒr Ende des Jahres ist eine Tour durch Deutschland geplant.
Im Herbst beginnen wir schon mit der Vorproduktion zu unserem nÀchsten Longplayer.
inHard: Welche Mucke schiebt ihr in eurer Freizeit in die Lade eures CD-Players?
Clemens: Ash, Placebo, Muse, Heather Nova, Naked Lunch, Police, Brain Eno, The
Cure, Incubus, Fanta 4, Zweiraumwohnung, Metallica, Bob Marley, The Mars Volta, The Doors, Soundgarden, Stone Temple Pilots, Live, Keane, Kings of Convenience, Pearl
Jam, New Order, Beastie Boys, Public Enemy, Living Colour, Tool, Melissa Auf der Maur, JaneÂŽs Addiction, Red Hot Chilli Peppers, David Bowie und was da sonst noch so kreucht und fleucht.
Rainer Guérich CD: Pictures (Pate Records/Alive)
www.faceliftmusic.com
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