inHard: Wie siehst du das neue Album
gegenüber dem Vorgänger?
Nik Page: Musikalisch knüpft das neue Material eigentlich nahtlos an „Sacrifight“ an, obwohl ich mittlerweile schon viele
Stimmen gehört habe, dass ich mich künstlerisch weiterentwickelt hätte. Das mag daran liegen, dass die Texte mittlerweile nicht mehr ausschließlich in Englisch, sondern auch in deutscher
Sprache vorgetragen werden.
inHard: Ich denke, durch die Hinzunahme von deutschen Texten lassen sich auch die Botschaften und Emotionen besser transportieren!
Nik Page: Auf alle Fälle, das siehst du vollkommen richtig! Natürlich steigt durch die Hinzunahme der deutschen Sprache
auch der Qualitätsanspruch an die Texte, was für mich als Songschreiber nochmal eine ganz besondere Herausforderung ist. Du kannst dich dann bei einer peinlichen
Textpassage nicht mehr hinter einer Sprachbarriere verstecken und dadurch einen ganzen Song zerstören.
inHard: Als Buchautor (Science Fiction Roman „Neosapiens“, Verlagshaus Sonneberg) dürfte dir das Songschreiben keine Probleme bereiten!
Nik Page: Texten macht mir riesigen Spaß, auf alle Fälle!
inHard: Inwieweit hat sich der Roman „Neosapiens“ denn auf das neue Album ausgewirkt?
Nik Page: Im Prinzip sind die letzten 4 Blind Passengers Alben, der Roman und die
beiden Nik Page-Platten konzeptionell miteinander verzahnt. Letztendlich ist es so, dass sich mit „Sinmachine“ der Kreis dort schließt, wo wir mit „Destroyka“ (1996, Blind Passengers) begonnen haben.
inHard: Es geht thematisch ja um die Technologie und zu was sie den Menschen verführen kann?
Nik Page: Genau. Ich verwende diesbezüglich immer gerne eine Symbolik, die ein
bisschen an den Faust angelehnt ist. Gerade weil mich die Entwicklung der Menschheit während der letzten 300 Jahre an eine Faust-Story erinnert: Mephisto schenkt den
Menschen Wissenschaft und Technologie (also symbolisch die Maschine). Und alles was sich an Entwicklungen und Erneuerungen ergeben hat, hängt mit diesem
Grundportal zusammen. Bei „Destroyka“ war es zum Beispiel das Thema, dass der Mensch immer wieder die Technologie zum Werkzeug der Zerstörung werden lässt. Auf
„The Trash Inside My Brain“ (1997, Blind Passengers) ging’s um die multimediale Reizüberflutung (den Spam) durch den ganzen High Tech-Kram. Das 99er Blind
Passengers Album „Bastard“ ging dann noch 100 Jahre weiter in die Zukunft, in eine Zeit, in der die Maschine schließlich Besitz vom menschlichen Körper ergreift. Im
Augenblick ist es ja noch so, dass die Maschine dabei ist, unseren Alltag zu erobern. Aber irgendwann wird sie auch Besitz vom menschlichen Körper ergreifen. Das wird
zum einen über DNA-Styling erfolgen, also die intelligente Art zu klonen, was mit Sicherheit eines Tages der Fall sein wird. Das ist die uns vorbestimmte Evolution, weil
die Menschheit einfach irgendwann gezwungen sein wird, ihren Nachkommen die besten Erbanlagen (Alter, Gesundheit, Intelligenz u.a.) mit auf den Weg zu geben, wenn
sie überleben will. Das wird irgendwann vollkommen normal und gesellschaftsfähig sein. Andererseits wird die Medizin auch in der Lage sein, dem Menschen immer mehr
Technologie in den Körper einzubauen. Beispielsweise ist es nicht nur toll, wenn Blinde sehen können, sondern auch wenn Sehende im Dunkeln auf 300 Meter schauen können.
Natürlich ist es irgendwann auch prima, eine Schnittstelle zwischen Computer und Gehirn zu schaffen, um Sprachkenntnisse, technisches Wissen oder was auch immer
kurzfristig abrufen zu können. Diese Hybrid-Wesen werden früher oder später dann auch die stärkere Spezie sein und den Menschen in seiner reinen Form verdrängen. Und
darum ging es in meinem Roman „Neosapiens“ insbesondere. Auf „Sinmachine“ geht es hauptsächlich um den Part zwischen Mensch und Mephisto, also um die eigentlichen
Gründe, warum sich alles so entwickelt hat. „Sinmachine“ endet dort, wo „Destroyka“ anfängt...
Rainer Guérich CD: Sin Machine (Wannsee/Edel)
www.nikpage.de
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