Jutta Weinhold: Die
âIcebreakerâ-CD ist sozusagen ein Querschnitt meines ganzen, musikalischen Lebens. NatĂŒrlich gibt es auf dieser speziellen CD auch viele StĂŒcke aus den Siebziger Jahren, die teilweise auch
sehr bluesig klingen. Mit dem Blues habe ich schlieĂlich auch meine musikalische Karriere begonnen...
inHard: Wann fing deine musikalische Karriere eigentlich genau an?
Jutta Weinhold: Das war bereits 1969 mit dem Musical âHairâ und anderen
Geschichten. FĂŒr mich bedeutet diese Zeit damals den groĂen Aufbruch, die Kulturrevolution. In den 60iger Jahren habâ ich natĂŒrlich Jimi Hendrix und Janis Joplin
gehört, was mich umgehauen hat. Als Teil dieser Ende 60er Jahre Generation gab es fĂŒr mich natĂŒrlich nur die Rockmusik. Rockmusik war fĂŒr mich der Aufbruch, das groĂe
Abenteuer, das gröĂte Abenteuer ĂŒberhaupt. Und dem Rock bin ich all die Jahre immer treu geblieben. FĂŒr mich bedeutet Rock nicht nur Musik, sondern sie ist eine ganz
eigene Philosophie, nach der ich lebe.
inHard: Vor allem ist Rockmusik auch in gewisser Hinsicht der Transport von
Emotionen. Nachzuhören auf dem Livetrack âBlues Jamâ, ein bisher unveröffentlichtes StĂŒck von dir aus dem Jahre 1978. Das hat schon sehr viel von Janis Joplin!
Jutta Weinhold (lacht): Ja, das StĂŒck ist doch wirklich der Hammer! Dabei bin ich auf
diesen Fund eher durch Zufall gestoĂen, als die Anfrage nach einer âBest Ofâ aus den Siebzigern kam, und ich daraufhin alle möglichen Kassetten durchstöbert habe. Ein
unglaublich authentisches und leidenschaftliches StĂŒck, das wir 1978 eher zufĂ€llig auf einem Festival in der Dortmunder Westfalenhalle mitgeschnitten haben. FĂŒr mich ist
dieses StĂŒck aus heutiger Sicht ein ganz besonderes Zeugnis fĂŒr eine Zeit, in der man ganz groĂe Emotionen und GefĂŒhle auf der BĂŒhne vermitteln wollte und auch konnte. -
Und die Leute wollten das damals auch wirklich hören. Ein Wechselspiel zwischen dem KĂŒnstler auf der BĂŒhne und dem Publikum, wie man es heutzutage nur noch ganz selten
findet. - Leider habâ ich von diesem Auftritt nur einen Kassettenmitschnitt, weil es damals die aufnahmetechnischen Möglichkeiten von heute noch nicht gab.
inHard: In diese Phase fÀllt auch deine Zusammenarbeit mit Udo Lindenberg
und seinem Panikorchester (Das LivestĂŒck âDas kann man ja auch mal so sehenâ, ebenfalls auf der CD)...
Jutta Weinhold: Genau. RockânâRoll satt bis der Arzt kommt. Die Auftritte mit Udo haben
mir groĂen SpaĂ gemacht. Das war einfach âne amtliche Zeit mit âner Menge Party, was die jungen Leute von heute vielleicht nicht mehr ganz so nachvollziehen können. Die
IntensitĂ€t und die Leidenschaft, mit der man damals seine Dinge durchgezogen hat, gibt es heute ja gar nicht mehr. Die Musik von damals war sehr tiefgrĂŒndig und hat
einen einfach mitgerissen. Rockmusik bedeutete damals SolidaritĂ€t, Freundschaften halten, Liebe empfinden, sich ĂŒber bestimmte Dinge bewusst werden... Das sind meine
eigentlichen Wurzeln. Und auch nur durch diese âgesundenâ Wurzeln konnte ich die ganzen NackenschlĂ€ge wĂ€hrend aller Jahre unbeschadet ĂŒberstehen. Mit solch einer
Erfahrung im RĂŒcken haut dich einfach nichts mehr um...
inHard: Das StĂŒck âWalking In The Rain With Untied Shoesâ scheint fĂŒr dich auch eine ganz besondere Bedeutung zu haben?
Jutta Weinhold: In der Tat. âWalking In The Rain With Untied Shoesâ habâ ich auf dieses
Album mit drauf genommen, weil es sich hierbei um meine erste Ballade ĂŒberhaupt handelt. Ich habâ die Nummer bereits 1975 geschrieben, veröffentlicht wurde sie dann
1976 auf der Jutta Weinhold LP âComingâ. (lacht) Mein Gott ist das lange her, aber irgendwie ist das schon ganz niedlich, das heute zu hören.
inHard: NatĂŒrlich sind auch die StĂŒcke aus deiner Zed Yago und Velvet
Viper-Zeit auf der âIcebreakerâ-CD vertreten. Bestimmt war es gar nicht so einfach fĂŒr dich, da eine adĂ€quate Songauswahl zu treffen?
Jutta Weinhold: Ja, das war ganz schwierig. Mehr als 80 Minuten gehen auf eine CD
nicht drauf. Von der Auswahl der StĂŒcke her hĂ€tte ich auch 2 oder 3 CDs machen können, was den Budget-Rahmen aber gesprengt hĂ€tte. (lacht). Ich habâ insgesamt so
13 CDs gemacht, ein paar mit Zed Yago, ein paar mit Velvet Viper, natĂŒrlich auch einige in den 70er Jahren. Und dann natĂŒrlich auch einige Weinhold-Platten.
Beispielsweise âTo Be Or Notâ aus dem Jahre 1993, was insofern eine sehr interessante Geschichte war, weil ich da mit der tschechischen Hardrock-Band Citron
spielte (âTo Be Or Notâ). Mitte der 90iger habe ich dann ein paar Jahre Pause gemacht und mich musikalisch etwas umorientiert. Mittlerweile arbeite ich fĂŒr eine Musikschule,
mache Gospel-Rock-Workshops, aber auch Gesangs-Coaching. Zwischendurch gabâs dann noch 1999 die Reaktivierung der Jutta Weinhold Band (âIn Sessionâ) und die
beiden Hammerrockscheiben, die ich unter dem Namen Weinhold zusammen mit Gitarrist Kai Reuter 2002 und 2006 (âBelow The Lineâ) veröffentlicht habe. - Ich denke,
die musikalische Mischung auf der Best Of deckt mein musikalisches Schaffen ganz gut ab, wozu auch die beiden Gospel-Bonustracks (u.a. eine Coverversion von Udo Lindenbergs âMĂ€dchenâ) beitragen.
Rainer Guérich
CD: Best - Icebreaker ( www.zounds.de )
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